Der Weg nach oben 3. Herren steigen auf! Ein Blick zurück auf die Saison
Tischtennis ist feine Technik, „Händchen“, Athletik, Körperbeherrschung, Kondition und insbesondere Kopf- und Nervensache. Das und ähnliches hört man oft, wenn von unserem Sport die Rede ist. Doch Tischtennis ist so viel mehr: Psychologie, Glauben, Team spirit, Kampf, manchmal Krampf, Durchhaltevermögen, Gruppendynamik, Spannung bis zum letzten Ball, ein Riesen-Spaß und ja – auch Kindergarten. Und manchmal hängt eine ganze Saison an nur einem einzigen Ball! Die letzte Saison ist Beleg für all das.
Davon gleich mehr. Zunächst: Eine Saison liegt hinter uns, in der 9 der 10 Vereine in der Staffel absolut auf Augenhöhe agierten. Jeder konnte jeden schlagen, einzig Wittenau fiel deutlich ab und war beständiger Punktelieferant. Ansonsten galt: Ein 9:0 im Hinspiel sagt noch nichts über den Ausgang des Rückspiels und ein 2. Platz nach der Hinrunde (Pankow) wurde tatsächlich zu einem 9. Platz in der Rückrungentabelle.
Der Autor dieser Zeilen und Mannschaftsführer hatte von Anfang an ein einziges Ziel fest vor Augen: Den Aufstieg. Was denn wohl auch sonst?! Und das sollte mit Blick auf die Papierform der Mannschaft und ihr Potenzial auch durchaus im Bereich des Möglichen liegen – wenn alles wirklich optimal läuft. – Lief es aber nicht, natürlich nicht, läuft es ja nie! Zwar starteten wir mit einem Sieg gegen Hertha und einem kampflosen 9:0 gegen Wittenau in die Saison. Es folgte eine schmerzliche Heimniederlage gegen Heiligensee (7:9) und eine richtige Klatsche gegen Blau-Gold (1:9). Hier machte sich überdeutlich bemerkbar, dass Sven, unsere Nummer eins, nicht teilnehmen konnte. Zwischenstand 4:4, Aufstieg geht anders. Doch dann kam der 6. November und Bergmann Borsig zu Besuch. Erstmals konnte Sven mit auflaufen und wir schickten die Bergmänner mit einer wirklich souveränen Mannschaftsleistung mit 9:0 (!) zurück in ihre feuchten Stollen, resp. unter die kalte Dusche. „Tischtennis ist Team spirit.“ Geht vielleicht doch was in Richtung Aufstieg? Die Woche drauf, 13. November: Das nächste Spiel. Auswärts vs. Lübars. Mit Sven! Also wieder ein deutlicher Sieg? Der Optimismus während des Einspielens schlug um in Unsicherheit, als gegen 19 Uhr noch immer nur 5 Meteoriten in der Lübarser Halle kreisten und eine Sternschnuppe – ihr Name tut hier nix zur Sache – schlicht den Termin verpennt hatte, so das Ergebnis hektischer Telefonate im Orbit. Kindergarten, man kann echt vom Glauben abfallen. Dann die Doppel: 1:2 gegen uns. Sven und Specki (Nr. 1 und 2) liegen schnell jeweils 0:2 zurück. Sch… am Schläger, war’s das schon für uns an diesem Abend, einem 13.? Aber Jammern hilft nicht! Völlig Synchron kämpft sich unser erstes Paarkreuz zurück ins Spiel und holt nicht nur den 3. Satz mit jeweils 11:9, sondern auch die Punkte für Meteor – und die Moral zurück. Um 21:30 stand es knapp und glücklich 9:5 für uns. Noch einmal Schwein Gehabt auf dem Weg zum definierten Ziel. Positiv am Rande: die Sternschnuppe darf weiter leben. 20. November: In eigener Halle und in Bestbesetzung gegen die Brauereien. Super Leistung, 9:3, Prost, auf die Brauer! Dann der 1. Dezember: Hermsdorf, die bisher kaum etwas gerissen haben, erwartet uns. Leider ohne Sven, doch mit einem starken Ahmed. Das sollte doch wohl allemal reichen. Tat es aber nicht, nicht an diesem Tag. 2:9 (!) schickten sie uns nach Hause. Verstehen konnte das keiner. Auch das ist Tischtennis. Nur drei Tage später: Letzter Spieltag der Hinrunde. Zu Hause gegen den starken zweiten der Tabelle. TTC Lok Pankow kommt. Und ausgerechnet an diesem Tag kann Frank nicht. Mist! Doch wir haben ja unsere Nummer 1 dabei, müssen also zumindest oben nicht aufrutschen. Könnte da vielleicht doch ´was gehen, wenn wirklich alles optimal passt? Denkste, Puppe – die Hiobsbotschaft: Sven hat sich am Bein verletzt und fällt wohl gleich für mehrere Wochen aus! Bis auf Weiteres! Die 4. Herren haben parallel selbst ein Spiel und wir müssen uns in der 5. Mannschaft um Ersatz bemühen. Das war’s dann wohl endgültig mit dem Aufstieg. Tabellenführer Blau-Gold hatte in der Hinrunde keinen einzigen Punkt abgegeben und Pankow würde nach einem ungefährdeten Sieg gegen uns vier Punkte Vorsprung haben. Mein Job: Ich versuchte trotzdem glaubhaft auf Optimismus zu machen, aber wenn ich ganz ehrlich bin – jetzt im Nachhinein bin ich das mal – hielt ich die Aufgabe des Abends schlicht für nicht lösbar und unsere Ersatzspieler für überfordert. Dann passierte etwas sehr Überraschendes und wie ich heute glaube ganz entscheidendes: Sven schleppt sich tatsächlich die Treppen hoch, kommt in die Halle gehumpelt und setzt sich auf die Meteor-Bank. Er hat nichts weiter gesagt, aber allen war klar, glaube ich, dass er nicht humpelnder Weise gekommen war, um eine Niederlage zu sehen. „Tischtennis ist Psychologie, Team spirit, und Gruppendynamik“. Das ist so. Wer das nicht erkennt hat keine Ahnung. Auf einmal stimmte die Moral und wir konnten den Tabellenzweiten tatsächlich 9:6 schlagen, wobei unsere Ersatzleute Maxim und Leo tolle Spiele ablieferten und jeweils einen Punkt beisteuerten. Danke an euch! Das war echt super! Die Vorrundentabelle führte uns auf einem 3. Platz, punktgleich mit dem 2. (Pankow) und dem 4. (Bergmann Borsig).
Die Rückrunde: Gute Leistung gegen eine sehr deutlich verstärkte Hertha. Das 8:8 ging in Ordnung und auch die anderen Konkurrenten um den Aufstieg müssen Hertha erst einmal schlagen. Abgehakt. Wittenau, selbst leicht verstärkt, wird standesgemäß mit 9:0 bedient (sorry, Goran). Dann müssen wir nach Heiligensee, in jenes Dörfchen also, das uns in der Vorrunde 2 Punkte aus eigener Halle geklaut hat. Macht man das ungestraft? Am 13. Februar zahlten sie ihre Rechnung, natürlich mit Zinsen: 0:9. Wir haben einen Lauf! Als nächstes traut sich der einsame Tabellenführer Blau-Gold in unsere Halle, sicherlich in der Erwartung, die Punkte mitzunehmen, wie immer. Wir können in Bestbesetzung auflaufen sind mental stark und konzentriert und schlagen den Tabellenführer deutlich mit 9:3, wobei Sven und Roland ihre beiden Einzel für sich entscheiden können. Einfach nur Geil! Wir räumen ordentlich ab, es sieht gut aus, zumal der Tabellenzweite der Vorrunde, Pankow, regelrecht abstürzt. Am 6. März geht es gegen den verbliebenen direkten Aufstiegskonkurrenten Bergmann Borsig. Weiß bei so vielen Zahlen noch jemand das Spielergebnis der Vorrunde? Richtig, keinen Stich haben die gegen uns gesehen – Null. Nach nicht weniger als 7 spannenden und hochklassigen Spielen über 5 Sätze blieben beide Punkte bei der Heimmannschaft – 9 : 6 für Bergmann Borsig. Auch hier gelang also die Revange – die waren einfach gut an diesem Tag, das muss man schlicht anerkennen. Wir verlieren damit zwei Punkte und Bergmann Borsig rückt uns bis auf einen Zähler auf die Pelle. Als nächstes kommt Lübars: 9:1. Am 9. April sind es nur noch drei Spiele bis zum Aufstieg. Aber wir dürfen maximal einen Punkt liegen lassen, denn der Tabellendritte hat das leichtere Restprogramm. Wir müssen also Spiel für Spiel fokussiert bleiben, dürfen uns keine (weitere) Schlappe leisten. „Tischtennis ist Durchhaltevermögen“. Am 9. April also erwarten uns die Brauereien. Wir kommen in Bestbesetzung und mit breiter Brust. Zwischenstand nach den Doppeln: 3:0 für die Heimmannschaft. Was war passiert? Die Stunde des Mannschaftsführers: “Ruhig, bleiben, Leute, es ist nix passiert, gar nix passiert. Wir holen uns jetzt einfach die Einzel. Also raus mit euch und haut sie weg!“ Stefan hatte genau zugehört. 3:0 für ihn, wir verkürzen auf 1:3 aus unserer Sicht. Doch auf einmal steht es 1:7. WIR BRAUCHEN DIESEN EINEN PUNKT, VERDAMMT. Und das wird langsam richtig eng. Ich geh´ an den Tisch und gewinne mit ach und krach 3:2. Zwischenstand: 2:7. Immer noch verdammt eng. Und Svens Spiel hat schon angefangen. Er hat einen rabenschwarzen Tag erwischt und verliert auch sein zweites Spiel, mit 0:3. Neuer Zwischenstand: 2:8. Die Schlinge zieht sich zu, ich korrigiere: Sie scheint sich zuzuziehen. Aber die Köpfe hängen bereits, die Gedanken sind vielleicht bei manchem schon unter der Dusche oder beim Bier danach. Aber Hej, WIR BRAUCHEN DIESEN EINEN PUNKT, VERDAMMT. WIR BRAUCHEN DAS 8:8. NICHT IRGENDWANN, SONDERN JETZT. Warnstufe dunkelrot, Ansage des Mannschaftsführers: „Scheiße nochmal (sorry, aber das muss sein), wir brauchen diesen einen Punkt und wir holen uns diesen einen Punkt, wir holen das Unentschieden“! Leere Augen, Kopfschütteln, ein gütiges Lächeln. „Jungs, ich meine das ernst, TOD-ERNST. Man, reißt euch gefälligst zusammen. Wer bitte soll jetzt noch gegen UNS gewinnen. Guckt sie euch an, die Looser! Wie oft haben wir 9:0 gewonnen? Wir haben Pankow geschlagen, wir haben Blau-Gold bezwungen. Wir können das! Punkt für Punkt bis zum 8:8, Auf geht´s, los jetzt! „Tischtennis ist Glauben“, vielleicht manchmal fast Religion…
Stefan ist eine Bank, wie sooft: 3:0, Zwischenstand: 3:8. Roland dreht einen 1:2 Satzrückstand. Es steht 4:8. Nur noch vier Siege bis zum Unentschieden. Noch sind die Brauer gelassen. Dann jedoch führt Frank 2:0. Ein Zwischenhoch. Aber nicht lange. Durch unangenehme Aufschläge und viel zu viele Glücksbälle des Gegners steht es schließlich 2:2 und 9:10 aus Sicht von Frank. Und sein Gegner hat das Aufschlagsrecht! Da kommt wieder so ein unmöglicher Aufschlag. Frank ist geladen, wegen der Glücksbälle gegen ihn sauer bis zum get-no und hat wohl mit allem irdischen abgeschlossen. Jedenfalls drischt seine Vorhand mit voller Kraft gegen den Ball, und dies, obwohl wir genau diesen einen Punkt brauchen wie der Teufel die Seele… – … und diese Granate detoniert doch tatsächlich im Feld des Gegners. Wer Tischtennis buchstabieren kann ist sich sicher, dass nach diesem Ball der Drops gelutscht ist und es nur einen Sieger geben kann. Natürlich gewinnt Frank diesen entscheidenden Satz mit 12:10! Zwischenstand: 5 : 8, nur noch drei Siege bis zum Unentschieden. Wir sind wieder auf Kurs! Rosi und ich können mit nur noch wenig Mühe auf 7:8 verkürzen. „Tischtennis ist Kopfsache, natürlich“. Das Abschlussdoppel muss also die Entscheidung zwischen Unentschieden und Niederlage bringen. Zwar verloren wir bisher alle drei Doppel, aber das ist bereits Stunden her. Und das war in einer ganz anderen Welt. Nach dem geschilderten Spielverlauf hatten zwei Leute jetzt richtig weiche Knie gekriegt bzw. wohl auch ein niedliches Klößchen im Hößchen. Und zwei Anderen stand alles Selbstvertrauen dieser Welt zur Seite. Ihre Namen: Frank und Stefan. Ihr Verein: Der BTTC Meteor. Natürlich gewinnen diejenigen mit der breiten Brust ganz deutlich mit 3:0. Damit holt unser Doppel 1 den entscheidenden Punkt zum Aufstieg. Nach so einem Unentschieden schmeckt mehr als nur ein Bier!
Der Rest ist schnell erzählt. Bergmann Borsig gab wie erwartet keinen Punkt mehr ab und auch wir gewannen unsere beiden letzten Spiele gegen Hermsdorf (Revange!) und Pankow. Somit schließen wir die Saison punktgleich mit Bergmann Borsig ab (26:10), haben aber das deutlich bessere Spielverhältnis.
Eine Spielzeit liegt hinter uns, die alle Höhen und Tiefen unseres phantastischen Sports zu bieten hatte und bei der letztlich ein einziger Ball und die mentale Verfassung eines gewissen Frank B. über alles entschieden hat. Was für eine Story! Wenn das nicht eine Illustration der Chaos-Theorie ist!
Danke an alle, die engagiert an der Seite des Kindergärtners, des Hobbypsychologen, des Motivators, des Seelentrösters, des Backpfeifenverteilers, des Schreiberlings, des Außenministers und Mitarbeiters im Diplomatischen Dienst, des einsamen Hallenvorbereiters und mittelmäßig erfolgreichen Teammitglieds standen. Danke an Rosi für die engagierte und immer zuverlässige Stellvertretung und für die Transformation der Kommunikation in die neumodische Wotz-Äp-Gruppe. Und ein ganz besonderer Dank an alle „Ersatzspieler“. Wir haben nicht eine einzige Absage von euch bekommen, dafür immer mehr aus 100 Prozent Leistung und viele viele Punkte. Das war unglaublich. Es hat Spaß gemacht!
Kersten, Euer Cäpt’n der 3. Herren
Über Kersten
ebenso knallharter wie verständnisvoller Kassenwart. Im "Nebenberuf" Mannschaftsführer der 3. Herrenmannschaft, unverbesserlicher Optimist und nicht therapierbarer Psychopat, letztlich aber harmlos und oft auch gutmütig.